Wichtige Tipps zum richtigen Füttern


Schafe und Ziegen sowie Rot-, Dam- und Sikawild sind Wiederkäuer und haben daher einen anderen Magen als wir Menschen. Das dürfen wir beim Füttern niemals vergessen!

Gras reicht Wiederkäuern zum Überleben

Sie ernähren sich im Wesentlichen von Gras. Das reicht den Wiederkäuern völlig zum Überleben. Gras enthält wenig Nährstoffe aber viel unverdauliche Gerüstsubstanz Cellulose. Um das verdauen zu können, ist ihr Magen anders als der bei uns Menschen aufgebaut. Während bei uns zunächst alles in


einem großen Sack landet, besteht der Verdauungstrakt der Wiederkäuer im Wesentlichen aus drei selbstständigen Hohlorganen, den Vormägen Pansen, Haube und Blättermagen. Der Verdauungstrakt ist voll von Einzellern und zellulosespaltenden Bakterien, die der mikrobiellen Verdauung und dem Aufbau von hochwertigem Mikrobeneiweiß dienen.

Der Pansen beansprucht beim erwachsenen Wiederkäuer nahezu die gesamte linke Hälfte der Bauchhöhle. Die Schleimhaut des Pansens ist mit Pansenzotten besetzt. Durch die Zotten entsteht eine Oberflächenvergrößerung. Diese Vergrößerung trägt zu einer raschen Aufnahme der bei der Fermentation gebildeten kurzkettigen Fettsäuren und des Ammoniaks bei. Die Ausbildung der Pansenzotten ist stark von der Ernährungsweise der Wiederkäuer abhängig.

Wiederkäuer wie das Rehwild, die leicht vergärbare Nahrung (wie u. a. Blätter) fressen, haben lange Zotten. Damit ist eine schnelle Aufnahme / Resorption möglich. Eine Übersäuerung (Acidose) wird vermieden. Grasfresser wie das Schaf haben kürzere Zotten, da die Fermentation bei ihnen länger dauert.

Wie funktioniert das Wiederkäuen?

Unverzichtbar ist dabei die Wiederkautätigkeit. Wiederkäuer schlucken das Gras zunächst nur, danach legen sie sich zur Ruhe und beginnen mit der Wiederkautätigkeit. Durch einen Reflex werden die schon von Bakterien angegriffenen Pflanzenteile ins Maul zurückbefördert und dort eingehend gekaut. Die Zähne zerreiben das Futter zu einem Brei, der dabei kräftig eingespeichelt wird. Durch den Speichel rutscht der Futterbrei nicht nur gut, sondern er wirkt auch stark alkalisch (pH-Wert: 8,3) und erhöht die von den Bakterien produzierten Säuren im Pansen auf einen neutralen pH-Wert von ca. 6,5.

Wird dieser Prozess durch abrupte Futterumstellung und / oder Fütterungsfehler gestört, kann es zu einer für die Tiere sehr schmerzhaften Pansenübersäuerung (Pansenazidose) kommen. Auslöser der Pansenübersäuerung ist die Aufnahme großer Mengen leicht verdaulicher Kohlenhydrate u. a. in Form von Getreide, Kraftfutter, Fallobst, Kartoffeln und Brot / Brötchen.

Diese Futtermittel sind reich an Kohlenhydraten. Die Kohlenhydrate werden von stärkespaltenden Pansenbakterien rasch zu Milchsäure abgebaut. Es kommt zu einer Verschiebung im Fettsäuremuster des Pansens. Der Pansen-pH sinkt unter 5,8 mit gravierenden Folgen: Es ändert sich die Mikrobenzusammensetzung im Pansen. Einzeller und zellulosespaltende Bakterien sterben ab, die Milchsäurebilder können sich im sauren Umfeld ungehemmt vermehren, es entsteht eine reine Milchsäuregärung.

Tod durch Kreislauf- und Nierenversagen

Ohne Behandlung führt eine massive Pansenübersäuerung zum Tod durch Kreislauf- und Nierenversagen. Neben der akuten Erkrankung kommt es zu einer verborgenen Form der Pansenübersäuerung, nämlich zu chronischen Entzündungen der Pansenwand und zu Leberabzessen. Leistungsverminderung und erhöhte Anfälligkeit für andere Erkrankungen sind die Folgen.

Wichtig zu wissen:

Strukturiertes Futter wie Heu und Gras ist für Schafe, Ziegen und Hirscharten lebenswichtig. Deshalb wird dafür im Wildpark reichlich gesorgt. Denn ohne die Wiederkautätigkeit entsteht keine Speichelproduktion. Und ohne Speichel würde der Pansen bis zum Stillstand „versauern“. Und was die Leckereien betrifft, so gilt auch hier die bekannte Weisheit: Die Menge macht das Gift.

Linda kennt die Zusammenhänge aus dem Biologie-Unterricht und hört daher nach kurzer Zeit mit dem Füttern auf, auch wenn sie noch gerne länger gefüttert hätte. Stattdessen geht sie mit ihrem Opa noch zu Sämer, Apfelkuchen mit Sahne genießen – denn in ihren Magen geht jetzt wieder was rein.